Iron Mayer die multikonforme Rettungswaffe aus den Bergen

Ein bayerischer Notfallsanitäter und Bergretter läuft, schwimmt und radelt über 2263 km am Stück, um Spenden für seine Bergwacht zu sammeln. Für unsere neue Videoserie corpuls.world TALK haben wir ihn besucht, um bei Grill & Talk herauszufinden, was da bei dem Mann schief gelaufen ist.

Legendär sind sie, die Worte von Commander John Collins, dem Erfinder des ehemals härtesten Triathlon der Welt: „Wer immer als erster in Ziel kommt, wir werden ihn den Ironman nennen“. Wie nennt man dann wohl einen, der nicht nur einen Ironman, sondern gleich derer zehn läuft? In unserem Fall: Stephan Mayer.

Zehn Ironman – nur um das zu verdeutlichen: Ein normaler Ironman ist mit rund vier Kilometern Schwimmen, 42 Kilometern Laufen und über 180 Kilometer Fahrrad fahren schon kein Zuckerschlecken. Deswegen ja auch Ironman, Eisenmann. Aber ein zehnfacher: das ist vom GS corpuls-Heimatort Kaufering in Bayern dem Lech folgend nach Augsburg geschwommen, weiter im Laufschritt nach Kassel um dort aufs Fahrrad zu steigen für die Schlussetappe nach Leuca in Italien. Genauer, ans hinterste Ende des Absatzes des italienischen Stiefels. Ach, und ein Zeitlimit gibt’s natürlich auch: 345 Stunden. Wie muss man ticken, um sich so etwas anzutun?

Nicht ganz dicht?

„Ganz dicht bin ich definitiv nicht“, sagt Stephan unumwunden. Würden wir sofort so unterschreiben. Vor allem, wenn man sich vor Augen führt, dass er sich erst 2007 zu seinem ersten Dreifach-Triathlon angemeldet hat – und damals noch nicht mal Schwimmen konnte! Aber der Iron Mayer, wie wir ihn mittlerweile in der corpuls.world-Redaktion nennen, ist mehr als ein Hochleistungssportler. Er ist ein Getriebener. Und das nicht nur im Leistungssport.

Staphan Mayer/Iron Mayer ist mehr als ein Hochleistungssportler

Seit 19 Jahren arbeitet der 48jährige Vollzeit im Rettungsdienst, fährt Schicht um Schicht. Weil ihm das aber noch nicht reicht, engagiert sich Stephan noch in allen Bereichen der Ausbildungsarbeit. „Breitenausbildung“ nennt er das – frei nach dem Motto: wenn, dann richtig. Den jetzt schon vollen Terminkalender garniert der Iron Mayer obendrauf dann noch mit seinem Engagement bei der Bergwacht in Oberau – und damit in einer der am stärksten frequentierten Ferienregionen Deutschlands, der Zugspitzregion.

Kundschaft in Flip-Flops

Zweihundert Meter über dem Loisachtal hocken der Iron Mayer und ich auf einer Bank. Der Blick schweift über Oberau und Garmisch hinüber zu Kreuzeck, Alp- und Zugspitze. Warum ausgerechnet diese Region so beliebt ist, wird einem bei diesem Ausblick sofort klar. Die Folgen der Beliebtheit auch. Denn direkt unterhalb von uns quetschen sich rund 1.000 Autos pro Stunde Richtung Garmisch. An ruhigen Tagen, am Wochenende ist der Strom der Ausflügler geradezu endlos. Und damit haufenweise potenzielle Kundschaft für Stephan Mayer: „Da sind schon so Spezialisten dabei“, erzählt er, „aber wenn einer meint, mit Flip-Flops auf den Berg zu steigen sei sein goldener Weg, bitte … Und wenn er sich den Haxn bricht, dann gehört er halt mir“.

Neben dem Bergrettungsfahrzeug VW Amarok steht in der Garage noch ein ATV

Auch unverwüstlich: corpuls aed – der Ironman unter den AEDs

Das Material um solche Fälle aus den Felsregionen des Estergebirges zu bergen hat die Bergwacht Oberau: neben dem vollausgestatteten und dank Lift-Kit voll geländetauglichen Bergrettungsfahrzeug VW Amarok steht in der Garage noch ein ATV, also der große Bruder eines Quads. Ein echter Gewinn für die Bergwacht, weil viele Wege in den Bergen für den Amarok einfach zu schmal sind. „Außerdem kann ich mit dem Quad bis an den Rand eines Weges fahren und der zweite Mann kann im Stehen in den Abhang hinein schauen“ freut sich der 48-Jährige. Aber speziell der corpuls aed hat es dem Iron Mayer angetan: „Für uns ist der corpuls aed genau das Richtige: klein, irrsinnig robust und funktioniert halt mit allen anderen corpuls-Geräten. Wenn wir da einen vom Berg holen, kann der im RTW gleich an den angeschlossen werden, ohne dass irgendwas umgebaut werden muss. Das bringt einfach wertvolle Sekunden.“

Rettungsrucksack der Seele

Um Sekunden geht’s eben in seinem Job. Denn die entscheiden zwischen Leben und dem, was jeder Notfall- und Rettungssanitäter fürchtet: den Verlust eines Patienten. Einen dieser Einsätze, die man erst mal verdauen muss. Die gibt’s auch bei einem, der ohne mit der Wimper zu zucken einen zehnfachen Ironman läuft. „Ich seh‘ das so: Jeder hat einen Rucksack, in dem er so sechs bis sieben Einsätze mit sich herum trägt. Das bleiben auch immer so viele, einige werden ausgetauscht, aber so zwei, die bleiben immer. Die vergisst Du nicht“. In Falle des Stephan Mayer war es der plötzliche Kindstod eines kleinen Jungen. „Da war ich noch Praktikant, also ist das schon ewig her. Aber ich weiß heute noch genau wo das war. Und wie das war. Alles. Nur die Namen, die habe ich vergessen.“

Weihnachtslieder an Ostern

Ist der Sport ein Ausgleich für den belastenden Job, möchte ich wissen. Sicher, sagt er und lässt den Blick übers Loisachtal schweifen. „Aber auch meine Frau, ohne die geht nix. Die tritt mir schon auch mal in den Hintern, wenn’s sein muss“. Dagmar heißt sie, die Frau Mayer. Kennen gelernt haben die beiden sich im, wie könnte es anders sein, Rettungsdienst. Nach einem Umzug nach Landsberg wollte Misses Iron einfach neue Leute kennen lernen und ist zum Roten Kreuz gegangen. Bei der Ausbildung zur Rettungssanitäterin traf sie dann Stephan. Ausbildung auf Lebenszeit also, denn die beiden fahren sogar zusammen Rettungsdienst. „Das funktioniert echt gut! Der Stephan sagt, wo’s lang geht, er ist schließlich der Ausbilder. Nur wenn er nachts, um zwei, anfängt Weihnachtslieder zu singen – an Ostern – dann könnte ich ihn erwürgen“ Aus dem Hintergrund hört man Stephan lachen. Irgendwas sagt mir, dass er das ganz genau weiß. Und es mit voller Absicht macht.

Dagmar, die Frau von Stephan Mayer

Ruhepol mit Afghanistanerfahrung

Dabei ist Dagmar an sich die Ruhe selbst. Projektmanagerin mit Afghanistanerfahrung. So jemand hat auch einen Iron Mayer im Griff und managt alles rund um die Sporteskapaden ihres Herzensmayer. „Ab und an muss ich ihn da auch einbremsen. Denn wenn er zwischen einem dreifachen und einem fünffachen Ironman auch noch mit einem 24-Stunden-Mountainbikerennen um die Ecke kommt, dann sag ich schon: jetzt reichts“. Auch für den zehnfachen Ironman musste Stephan erst mal einen Deal aushandeln. Nur, wenn ein Arzt ihm eine allumfassende Unbedenklichkeitsbescheinigung erstellt, darf der Iron der Iron sein. Denn die Dagmar, die will ja noch ein bisschen Zeit mit ihm verbringen.

Schwitzen für die Kameradschaft

Das Gegenteil gibt’s allerdings auch: Kürzlich, so erzählt der Stephan war er etwas schlapp bei einem dreifachen Ironman. Er gönnte sich ein kleines Päuschen im Teamzelt, sehr zum Missfallen der Herzdame, die ihn mit den Worten „Samma do zum sandln do, oda füa an Wettbewerb?“ (für diejenigen, die nicht der bayrischen Mundart mächtig sind: „Sind wir hier zum herum lungern oder für einen Wettbewerb“) im hohen Bogen aus dem Zelt warf. Denn wenn, dann richtig, sagt die Dagmar.

Das „Wie“ wäre also geklärt. Bleibt immer noch die Frage nach dem „Warum“. Es gibt keine Medaille, keine Urkunde, ja, nicht mal ein Freibier kriegt der Stephan dafür, dass er sich zwei Wochen im Juni 2018 auf das Äußerste quält. Stattdessen hofft er auf Spenden. Nicht etwa für sich, sondern für die Bergwachtbereitschaft Oberau. Dort ist er groß geworden, dort ist er zu Hause. Es ist die Kameradschaft, erzählt Stephan. Man kenne sich eben schon seit Kindheitstagen und habe viel miteinander erlebt – das schweiße zusammen.

Ich bin kein Held – das ist mein Job!

Und während wir da oben am Loisachblick hocken und mir der Iron Mayer zeigt, wo das Schwimmbad ist, in dem er seine Runden drehen wird und wo gelaufen und geradelt wird, merke ich, wie sehr der Mann seine Heimat liebt. Der Iron sieht sich vielleicht nicht als Held – aber er ist ein verdammt cooler Typ mit einem riesigen Herzen. Bleibt die Frage wieso „Multikonforme Rettungswaffe“. Die Antwort ist ganz einfach: Ausgebildeter Rettungsschwimmer ist er nämlich auch noch, der Herr Mayer. „Aber sag‘ das nicht der Wasserwacht. Sonst muss ich da auch noch ins Wasser“.

Loisachblick – Zweihundert Meter über dem Loisachtal
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