Der australische Staat Queensland ist etwa fünfmal so groß wie Deutschland, hat aber mit rund fünf Millionen Menschen nur ein Sechszehntel so viele Einwohner. Die meisten von ihnen leben in der Region rund um die Hauptstadt Brisbane. Zuständig für den Rettungsdienst im zweitgrößten Staat Australiens ist der Queensland Ambulance Service (QAS), eine Abteilung der staatlichen Gesundheitsbehörde Queensland Health. Die Aufgaben des QAS umfassen sowohl die Notfallrettung und den Krankentransport als auch Interhospitaltransfers und die Bewältigung von Großschadenslagen sowie Katastrophen.
Die Anfänge des Queensland Ambulance Service gehen auf den 12. September 1892 zurück. An jenem Tag erfolgte in Brisbane die Gründung der City Ambulance Transport Brigade (CATB). Bis 1902 verlor Queensland seinen Status einer britischen Kolonie und wurde zu einem eigenen Staat. Die Ambulanzbrigade aus Brisbane fand anschließend in einer Reihe weiterer Gemeinden Nachahmer, sodass aus der CATB die Queensland Ambulance Transport Brigade (QATB) wurde. Jedes Mittelzentrum im Land erhielt ein eigenes QATB-Komitee, das die Geschicke des örtlichen Rettungsdienstes lenkte. Erst am 1. Juli 1991 wurde die QATB in einen staatlich verwalteten Dienst umgewandelt, wodurch der Queensland Ambulance Service entstand, sowie er heute existiert.
Die Rettungswache in der Wharf Street Brisbaine um 1901.
Der Queensland Ambulance Service (QAS) ist operativ in Nord und Süd-Queensland organisiert. Die Bereiche umfassen acht geografische Regionen, die wiederum aus 17 Distrikten bestehen. Neben den rund 4.100 hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kann sich der QAS auch auf ehrenamtliche Helferinnen und Helfer verlassen. Sie unterstützen den Queensland Ambulance Service auf vielfältige Weise, allerdings nicht nur beispielsweise als First Responder im Einsatzgeschehen.
An etwa 150 Standorten in ganz Queensland haben sich Local Ambulance Committees gegründet. In ihren Reihen engagieren sich 1.300 Freiwillige, die das Bindeglied zwischen dem Rettungsdienst und der Zivilgemeinde vor Ort bilden. Diese Volunteers sensibilisieren die Bevölkerung für Maßnahmen, die dem Rettungsdienst die Arbeit erleichtern, unterstützen die Breitenausbildung, zum Beispiel in Form des CPR Awareness Programs, und kümmern sich um die Finanzierung zusätzlicher Geräte oder Materialien für die Erste Hilfe.
Eine ehrenamtliche Sanitäterin erklärt Kindern den Rettungswagen.
Der Queensland Ambulance Service hat es sich zum Ziel gesetzt, hohe Standards bei der Notfallbehandlung, der Patientenversorgung und dem Transport von Kranken sowie Verletzten sicherzustellen. Für die Erfüllung dieses Ziels sind maßgeblich die Rettungskräfte vor Ort – Paramedics – verantwortlich. Sie haben in der Regel eine Ausbildung in „Advanced“- bzw. „Critical Care“-Maßnahmen durchlaufen.
Alle Paramedics in Queensland gehören zur Gruppe der sogenannten „reglementierten Gesundheitsberufe“. Angehörige dieser Berufe werden im National Registration and Accreditation Scheme geführt. Das heißt, dass nur Personen, die im Paramedicine Board of Australia registriert sind, sich rechtmäßig „Paramedic“ nennen und als solche arbeiten dürfen. Durch diese zentrale, für jedermann im Internet nachprüfbare Akkreditierung möchte der Staat sicherstellen, dass nur entsprechend qualifizierte Rettungskräfte eingesetzt werden.
Um den Paramedics zeitgemäße, einheitliche Standards der klinischen Praxis an die Hand zu geben, wurde das Clinical Practice Manual (CPM) erstellt. Es enthält systematisch entwickelte Aussagen auf Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Ergebnisse. Da es sich um kein abgeschlossenes Werk handelt, unterliegt sein Inhalt ständigen Aktualisierungen und Anpassungen. Spätestens alle drei Jahre wird der Inhalt auf den Prüfstand gestellt. Die Leitung des QAS ermutigt in diesem Zusammenhang alle Rettungskräfte, an der Fortschreibung des CPM mitzuwirken. Die Hürde hierzu ist bewusst niedrig: Es genügt, ein Online-Formular auf dem QASPortal auszufüllen. Inhaltlich kann es sich dabei um die Einführung neuer Richtlinien, die Überprüfung einer bestehenden Handlungsanweisung oder beispielsweise um Protokolle für medikamentöse Therapien handeln. Anschließend durchlaufen alle Einreichungen eine mehrstufige Prüfung, in deren Verlauf sich Experten mit den Vorschlägen auseinandersetzen und über deren Umsetzung entscheiden.
In den kommenden Jahren wird Queensland voraussichtlich erhebliche soziale und demografische Veränderungen erfahren. Bis 2026 wird die Bevölkerung des Staates wahrscheinlich um ein Drittel auf etwa 6,3 Millionen Menschen anwachsen.
Von diesen werden 1,1 Millionen Menschen über 65 Jahre alt sein, was einem Anstieg von 83 Prozent gegenüber 2011 entspricht. Diese zu erwartenden Veränderungen werden auch für den Rettungsdienst Konsequenzen haben. Der Queensland Ambulance Service stellte sich darauf im Rahmen seiner „QAS Strategy 2016–2021“ ein.
In den letzten Jahren führte der QAS im Zuge seiner Strategieumsetzung eine Professionalisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch. Bei den Rettungskräften werden mittlerweile fast ausschließlich Hochschulabsolventen eingestellt. Darüber hinaus nehmen auch das Wissen und die Fähigkeiten der Mitarbeitenden im Rettungsdienst stetig zu, da das Spektrum der von ihnen durchgeführten Maßnahmen und eingesetzten Medikamente in den letzten zehn Jahren
erheblich zugenommen hat. Der QAS geht davon aus, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Bemerkenswert ist, dass mittlerweile mehr Frauen als Männer unter den neuen Rettungskräften des QAS sind. Dem Queensland Ambulance Service ist es wichtig, dass seine Belegschaft weiterhin die Vielfalt der Bevölkerung widerspiegelt. Man steht auf dem Standpunkt, dass eine integrative und vielfältige Belegschaft viele Vorteile mit sich bringt, darunter eine verbesserte Unternehmenskultur, mehr Innovation und stärkeres Engagement für die Gemeinschaft.
Die „QAS Strategy 2016–2021“ beinhaltet Leistungsziele, die man am Ende der fünf Jahre erreicht haben möchte. Dazu gehört unter anderem, dass 50 Prozent der Code-1-Einsätze (Notfälle) innerhalb von 8,2 Minuten und 90 Prozent dieser Einsätze innerhalb von 16,5 Minuten behandelt werden. Ein weiteres Ziel ist es, dass 90 Prozent der Triple-Zero-Anrufe – 000 ist die nationale Notrufnummer – innerhalb von zehn Sekunden beantwortet werden. Jedes Jahr nimmt der QAS über 1,1 Millionen Notrufe entgegen.
Ein besonderes Augenmerk richtet der QAS schon seit Langem auf eine qualitativ besonders hochwertige Versorgung von Notfallpatienten in Zusammenhang mit kardialen Ereignissen. Der Herzinfarkt ist auch in Queensland nach wie vor die
häufigste Ursache für plötzliche Todesfälle. QAS ist überzeugt davon, dass eine starke Rettungskette die Überlebens- und Genesungschancen von Menschen mit Herzinfarkt, Schlaganfall und anderen Notfällen verbessert. Das generelle Ziel lautet für den QAS daher, die Rettungskette noch mehr zu unterstützen und zu verbessern.
Im Detail wird unter anderem angestrebt, die Überlebensrate nach einem Herzstillstand bis ins Krankenhaus bzw. bis zur Entlassung um jeweils zehn Prozent zu verbessern. Die Zahl der Fälle, in denen ein Mensch mit Kreislaufstillstand von einem Laien bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes wiederbelebt wird, soll um 70 Prozent erhöht werden. Und der Prozentsatz der Patienten, die Brustschmerzen angeben und bei denen ein 12-Kanal-EKG nach Eintreffen der Paramedics abgeleitet wird, soll auf über 95 Prozent steigen.
Seit 2014 trägt corpuls seinen Teil dazu bei, dass diese Ziele erreicht werden. Der Queensland Ambulance Service wollte 2013 seine in die Jahre gekommenen EKG/Defibrillator-Einheiten erneuern und veröffentlichte seinerzeit eine internationale Ausschreibung. corpuls machte mit seinem corpuls3 das Rennen und erhielt den Auftrag. Der QAS ist damit die erste australische Rettungsorganisation, die das deutsche Produkt corpuls kaufte. Heute sind rund 1.300 corpuls3 und 40 corpuls cpr beim QAS im Einsatz. Wissenschaftlich begleitet wird die Umsetzung dieser Ziele durch das „QAS Cardiac Arrest Outcomes Program“. Es nahm 1999 seine Arbeit auf und umfasst die Cardiac Arrest Database (CADB). Zu den wichtigsten Datenquellen gehören das digitale Ambulance Report Form, das Computer Aided Dispatch, das Death and Cardiac Arrest Report Form, EKG-Aufzeichnungen, corpuls.mission sowie Daten, die während des Klinikaufenthalts
erhoben wurden. Aus der CADB können Schlüsseldaten , wie die Reaktionszeiten des Rettungsdienstes, die Häufigkeit der kardiopulmonalen Reanimation durch Ersthelfer, die vermutete Ursache für einen Cardiac Arrest sowie Angaben zum Outcome der Patienten, abgeleitet werden. Mithilfe dieser Studie lässt sich am Ende nicht zuletzt auch die Leistung der QAS-Paramedics ablesen und so Ansatzpunkte für kontinuierliche Verbesserungen erarbeiten.
Fotos: Queensland Ambulance Service, State Library of Queensland.