Notfallrettung auf dem Oseberg-Ölfeld in Norwegen

Das Oseberg-Ölfeld – mein zweites Zuhause

Peter kennt das nicht anders. Er ist mittlerweile seit zehn Jahren für Equinor tätig und liebt seinen Job. Das Oseberg-Ölfeld, rund 140 Kilometer nordwestlich von Bergen, ist im Laufe dieser Zeit so etwas wie sein zweites Zuhause geworden. Die einzelnen Förderplattformen – Rigs genannt – sind ihm ebenso vertraut wie die bis zu 900 Arbeiter, die hier einen schweren und gefährlichen Job machen. „Die Zahl an Verletzungen ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen“, erzählt Peter. „Vor zehn Jahren waren über 30 Prozent unserer Einsätze hier draußen die Folge von Unfällen. Der Rest waren medizinische Notfälle. Heute liegt der Anteil der Verletzungen nur noch bei rund 15 Prozent.“ Die Firmen, die sich in ihrem Business buchstäblich mit Naturgewalten auseinandersetzen müssen, tragen eine hohe Verantwortung für die Gesundheit ihrer Angestellten. Es ist selbstverständlich, dass auf jeder Bohrinsel immer ein Notfallpfleger oder eine Krankenschwester im Dienst ist. Sie verfügen nicht nur über Berufserfahrung, sondern haben spezielle Fortbildungen für den Offshore-Einsatz absolviert. Sie erreichen jederzeit – auch dank Telemedizin auf High-End-Level – einen Arzt an Land, um mit ihm die Lage besprechen und das weitere Vorgehen ab stimmen zu können. Die Norweger greifen dafür auf corpuls.mission zurück, das in solchen Situationen all seine Möglichkeiten ausspielt. Es kombiniert medizinische Daten, wie Blutdruck, Herzfrequenz,
EKG und Sauerstoffsättigung mit einer Chat- und Videofunktion, über die zum Beispiel Bilder der Einsatzstelle übertragen werden. Gleichzeitig werden alle Informationen automatisch dokumentiert und stehen so den Beteiligten in Echtzeit zur Verfügung.

Equinor nimmt seine Verantwortung sehr ernst und setzt deshalb rund 100 Notfallpfleger bzw. -schwestern für seine Offshore-Anlagen ein. Auf jeder Plattform ist immer mindestens einer von ihnen im Dienst. Intern heißen sie HSE-Manager, was für „Health, Safety and Environment“ (Gesundheit, Sicherheit und Umwelt) steht. Peter ist einer von ihnen. Er ist ausgebildeter Anästhesiepfleger und hat eine Weiterbildung in medizinischer Notfallversorgung durchlaufen. Im Laufe seines Berufslebens arbeitete er sowohl in Kliniken als auch im Rettungsdienst. Offshore sei aber noch mal eine ganz andere Herausforderung, meint er. „Es ist wie überall im Gesundheitssektor, manchmal kann man helfen, in bestimmten Fällen sogar ein Leben retten. Wichtig ist es, den Patienten zu versorgen und zu überzeugen, dass er in Sicherheit ist und man sich so gut wie möglich um ihn kümmert“, erläutert der Notfallpfleger. Der corpuls3 sei dabei ein sehr gutes Werkzeug. Er sei äußerst robust, sowohl salziges Spritzwasser als auch niedrige Temperaturen bis zu –20 °C machten ihm nichts aus.

Krankenpfleger Peter Stark vor dem Rettungshubschrauber Sirkorsky S-92

140 Kilometer vom nächsten Krankenhaus

Bei Einsätzen auf den Förderplattformen im Europäischen Nordmeer sind das sehr entscheidende Kriterien. Eine Akkulaufzeit beträgt bis zu zehn Stunden. Zudem erleichtere die neue Touch-Technik das Handling, findet der norwegische Notfallpfleger. Viele Funktionen könnten dadurch wie auf dem Display eines Smartphones bedient werden. In Kombination mit dem corpuls cpr sei eine synchronisierte Therapie vor allem während der oft langen Transportzeiten eine wertvolle Option. „Was uns wirklich glücklich macht, ist zu sehen, dass unser Offshore-Notfallsystem sehr effizient zu sein scheint, wenn jemand wirklich ernsthaft verletzt oder erkrankt ist“, sagt Peter. Die corpuls-Family trägt ihren Teil dazu bei. Wenn Peter seine zweiwöchige Schicht auf dem Oseberg-Ölfeld antritt, steht er für die Hälfte der Zeit seinen Kolleginnen und Kollegen wie ein Hausarzt zur Verfügung. Er kümmert sich ebenso um Bagatellerkrankungen wie akute Notfälle. Den Rest der Zeit besetzt er einen SAR-Rettungshubschrauber, der auf einer der drei Plattformen im Oseberg-Ölfeld stationiert ist. An Bord des Sikorsky S92 übernimmt er die Aufgaben eines Flight-Paramedics und stellt damit 140 Kilometer vom nächsten Krankenhaus entfernt die oberste notfallmedizinische Instanz dar. Er bildet ein Team zusammen mit dem Piloten und einem HEMS Technical Crew Member von CHC Helikopter Service, das den SAR-Dienst (Search and Rescue) an Norwegens Küste durchführt.

Insgesamt hat Equinor vier SAR-Hubschrauber für seine Offshore-Aktivitäten gechartert, die jährlich rund 200 Einsätze absolvieren. Bei Bedarf kann das norwegische Rescue-Coordination-Center die Maschinen auch für Such- und Rettungsmissionen vor der Küste anfordern. „Notfälle werden an den Hauptkontrollraum des Oseberg Field Center gemeldet. Die Kollegen dort alarmieren mich über Funkmelder. Wir nennen das Hausalarm. Während ich dann zum Hubschrauber gehe und meinen Überlebensanzug anziehe, übernimmt der Notfallpfleger vor Ort die Erstversorgung“, schildert Peter das eintrainierte Vorgehen. First Responder und weitere Ersthelfer stehen auf allen Plattformen dem Notfallpfleger zur Seite, um die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungshubschraubers zu überbrücken.

Krankenschwester seilt sich von Helikopter ab

„In 15 Minuten sind wir in der Luft, brauchen dann aber 30, 45 oder 50 Minuten bis zur gemeldeten Plattform“, sagt Peter. „Es ist nicht ungewöhnlich, dass es bei einem Herzstillstand bis zu einer Stunde dauert, bis wir vor Ort sind.“ Ohne eine gut eingespielte Rettungskette würden das viele Notfallpatienten nicht überleben. Deshalb gibt es an Bord der Rigs ein ausgeklügeltes Notfallsystem und die Pflicht für alle, regelmäßig an Erste-Hilfe-Trainings und Notfallübungen teilzunehmen. Die Herz-Lungen-Wiederbelebung steht dabei im Mittelpunkt. Ziel ist es, dass spätestens nach zwei Minuten mit Thoraxkompressionen begonnen wird. Vermutlich ist das auch der Grund, weshalb die Wahrscheinlichkeit, einen beobachteten Herzstillstand in dem Offshore-Gebiet zu überleben, bei über 75 Prozent liegt, wie eine Untersuchung vor einigen Jahren ergab. Ein Wert, der an Land fast nirgendwo erreicht wird.

Peter erinnert sich noch gut an einen Einsatz, den er im Mai 2017 an Bord der Bohrinsel „Scarabeo 5“ erlebte. Damals war er alarmiert worden, nachdem ein 47-jähriger Arbeiter unter Deck einen Kreislaufstillstand erlitten hatte. Die Einsatzstelle war sehr eng und extrem schwierig zu erreichen. Der Notfallpfleger an Bord und die Kollegen des Patienten machten dennoch als Ersthelfer einen sehr guten Job. Auf dem Hinflug versuchte die Crew bereits, so viele Informationen wie möglich zu bekommen, beispielsweise, ob der
Stretcher und das corpuls cpr mitgenommen werden müssten und wie weit es vom Helipad zum Patienten sei. „Schon beim Anflug ahnte ich, dass dieser Einsatz schwierig werden könnte“, erzählt Peter. „Bis zu unserem Eintreffen hatte man aber ununterbrochen Thoraxkompressionen durchgeführt und den Mann zweimal defibrilliert. Als wir ankamen, war er somnolent und klagte über starke Schmerzen“, so Peter. „Für uns war das eine Touch-and-Go-Situation. Er musste schnellstmöglich an Land in eine Klinik geflogen werden.“ Dem Team stellt sich immer die Frage, in welches Hospital der
Patient geflogen werden soll. Dabei gibt es zwei wesentliche Faktoren: der Zustand des Patienten und die voraussichtliche Flugdauer. „In kritischen Situationen ist es notwendig, so schnell wie möglich zu starten, statt lange vor Ort zu behandeln“, erläutert Peter. Angesichts der exponierten Lage der Einsatzorte bleibt fast nie Zeit für „Stay and Play“; ein Großteil der Versorgung erfolgt während des Fluges. Die Kollegen des 47-Jährigen arbeiteten fieberhaft, um den Weg zum Hubschrauber so schnell wie möglich zurücklegen zu können. Während ein paar von ihnen eine Schleifkorbtrage herbeiholten, mit der der Patient schonend transportiert werden konnte, sorgten andere dafür, dass der Niedergang zum Helikopter frei war. An Bord des SAR-Hubschraubers schloss Peter den Patienten an den corpuls3 an, prüfte die Vitalparameter, leitete ein 12-Kanal-EKG ab, applizierte Schmerzmittel. Der Mann wurde in die Haukeland-Klinik nach Bergen geflogen. Das Krankenhaus war informiert, Kardiologe, Anästhesist und weitere Fachkräfte standen in Stand-by.

Auch hier kam corpuls.mission zum Einsatz : Obwohl der Patient noch irgendwo über der Nordsee auf dem Weg nach Bergen war, konnten sich die Ärzte im Krankenhaus schon ein umfassendes Bild über dessen Zustand machen. „Insgesamt hat es von dem Moment an, als sein Herz aufhörte zu schlagen, bis zum Abschluss unseres Einsatzes am Klinikum
in Bergen nur zwei Stunden gedauert“, freut sich Peter. Dank seiner Helmkamera entstand ein Video dieses erfolgreichen Einsatzes, das im Internet fast 2.000-mal aufgerufen wurde. Der Mann hat den Herzstillstand ohne Folgeschäden überlebt und arbeitet heute wieder auf einer Plattform in der Nordsee. Nach seiner Reha erzählte der 47-Jährige, dass er einige Jahre zuvor schon einmal einen Herzinfarkt erlitten hatte. Damals sei er zu Hause in Bodø gewesen, mit über 50.000 Einwohnern die größte norwegische Stadt nördlich des Polarkreises. Es hätte aber elf Stunden gedauert, ehe Hilfe gekommen sei. Das Oseberg-Ölfeld mitten in der Nordsee scheint dann doch der bessere Ort zu sein, um einen Herzinfarkt zu überleben.

Stroke Finder

Trotz corpuls3 und corpuls.mission sind die diagnostischen Möglichkeiten der Notfallpfleger und SAR-Teams auf den Equinor-Plattformen begrenzt. Früher war es für sie zum Beispiel unmöglich, bei Patienten mit Verdacht auf Schlaganfall die Art des Apoplex festzustellen. In 85 Prozent der Fälle ist ein Blutgerinnsel die Ursache und muss umgehend mittels eines Thrombolytikums aufgelöst werden. Die entsprechende Behandlung sollte schon an der Einsatzstelle oder während des Transports beginnen. In 15 Prozent der Fälle verursacht aber eine Blutung den Apoplex. In solchen Fällen wäre die Gabe eines blutverdünnenden Medikaments für den Patienten lebensgefährlich. Im Krankenhaus wird diese Frage mittels Computertomographie beantwortet.

Auf den Plattformen und an Bord der SAR-Hubschrauber steht diese Technik nicht zur Verfügung. Stattdessen wird seit einigen Jahren der sogenannte „Stroke Finder“ eingesetzt. Er besteht aus drei Teilen: einem helmartigen Antennensystem, das auf dem Kopf des Patienten angebracht ist, einer Mikrowelleneinheit sowie einem Computer zur Gerätesteuerung, Datenerfassung und Signalverarbeitung.

Klinische Studien hierzu fanden zwischen 2011 und 2014 am Universitätsklinikum Sahlgrenska in Göteborg (Schweden) statt. Für die SAR-Teams ist es heute die sicherste Möglichkeit, die Ursache eines Apoplex präklinisch zu ermitteln und eine lebensrettende Therapie einzuleiten.

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